Jedes Haus entsteht mit dem ersten gelegten Stein. Ein virtuelles, gleichwohl wahrhaftiges, 24/7 weltweit zugängliches Museum soll ebenso auf dem eigenen Grundstein ruhen — und wir haben ihn symbolisch mit Freude am 23. September 2008 in Hamburg gelegt.
ohne Titel, 1966, Tempera und Bleistift-Frottage, 8.5 x 8.4 cm,
(aus einem Skizzenbuch)
Dieser Grundstein umschliesst ein paar zuweilen unscheinbare, eher persönliche, unüblich gezeigte, sogar intime und doch nicht unwichtige Zeitzeugen. Auch als Künstler ist Werner Schreib nicht eine abstrakt produzierende Kunst-Maschine, sondern schlicht Mensch. Seine Kunst soll und kann für sich alleine stehen und wirken — gründlich kann sie erst im Menschlichen verstanden werden.
«Habe heute mit Brentano über Kunst gesprochen. Wir sind zu einer sehr schönen Formulierung gekommen, was wir von Kunst halten.
Kunst bereichert. Ein Kunstwerk das ich betrachte berührt Seiten meines Ich, in einer Weise für die ich keine Worte finden kann.
Ich möchte das Kunstwerk nicht persönlich besitzen, allein das Bewusstsein, dass ein grosses Kunstwerk vorhanden ist macht mich unsagbar glücklich.»
(17.10.1960, aus dem Tagebuch)
Elisabeth Schreib mit Werner, ca. 1927
«Rembrandt hätte seine Bilder nicht so malen können, hätte er nicht die Lust am Sudeln empfunden, an dem betörenden Harzduft der fetten Farbe, die er wie Paste dick aufgetragen hat um dann darin herumzurühren. Für den Kunsthistoriker und seine distanzierte Argumentation sind solche Betrachtungen allerdings Häresie. Hier ist eine tiefe Kluft spürbar. Aber die Maler werden mich vielleicht verstehen, und Menschen die gern essen, die Musik lieben, oder Literatur.»
(ohne Datum, Notiz)
Original-Punze, um 1962/63, 21.4 x 10.8 cm,
Kunstharz auf Holz,
gedruckt in «ach Gottchen ach Gottchen»
«Ich lese viel und gern. Die meiste Zeit in den letzten Jahren lebte ich einsam. Dadurch konnte ich meine Aufmerksamkeit ganz darauf konzentrieren das zu tun was ich für wichtig hielt.
Ich möchte schreiben. Seit langer Zeit verspüre ich diesen Drang. Ich kann rückblickend sagen, dass ich über zehn Jahre lang Bilder gemalt habe aber erst in dem Augenblick auszustellen begann, als ich wusste ich habe meine Handschrift gefunden.
Ähnlich denke [ich] über das Schreiben. Erst wenn ich meine Sprache gefunden habe werde ich sie veröffentlichen. Darum muss ich warten, arbeiten, denken und schreiben.
Man gab mir den Rat "Intellektuelle sollen sich engagieren". Gibt es ein besseres Engagement als die Wahrheit?
"Ich bin hier um die Wahrheit zu sagen" schreibt Bernanos, und er fährt fort "Ein Mann sagt dann die Wahrheit wenn er sagt was er denkt."»
(um 1965/66, aus einem Skizzenbuch)
1966, Ière Biennale de Gravure, PL-Krakow, Prix Ex Æquo Victor Vasarely
«Auch der Frosch versucht zu singen, aber es wird immer nur ein Quaken sein, das seiner Brust entströmt. Ähnlich versuchen manche Maler Objekte zu schaffen oder Industrie-Werbung zu betreiben, indem sie Ausstellungsstücke basteln, die so gar nichts mit der zeitgenössischen Malerei aber so viel mit schlechter Reklame zu tun haben.»
(01.09.1967, aus dem Tagebuch)
die Notiz zum 43. Geburtstag, 1968 (Ausschnitt)
«Ich male Bilder die ich selber gerne sehen möchte, oder die ich besitzen will.»
(Notiz, 1969)
Einladungskarte zur Baden-Badener Hauswedell-Ausstellung,
gesandt an Gabriele Schreib am Nachmittag des 19. September 1969
«Morgen Eröffnung bei Hauswedell.
Zum Erstenmal habe ich
Preise!
und Herzklopfen!! —
Ich hoffe, dass es gut verläuft.
Die letzte Ausstellung: Hundertwasser
war sehr teuer — und nur wenig verkauft.»
(letzter Eintrag im Tagebuch)